Die fabelhafte Welt des Rums

PIRATEN UND IHR LIEBLINGSTRUNK
Moralisch betrachtet mögen seine Prioritäten fragwürdig erscheinen, bedenkt man doch, dass er Elizabeth beinahe erschossen hätte, als diese seinen größten Rum-Vorrat zunichtemachte.
Andererseits ist diese Darstellung karibischer Piraten nicht unauthentisch, denn Rum war damals nicht vom Schiff wegzudenken und fester Bestandteil des Alltags.
Beliebt war das Getränk allerdings nicht nur bei den Piraten und nicht nur in der Karibik. Im heutigen Blog werfen wir einen genaueren Blick auf Sparrows Favoriten und schauen, was ihn so besonders macht.
“Je nach der Sprache seines Herkunftslandes lauten die Schreibweisen für das Destillat wie folgt:
Rum, Rhum, Rommi und Ron.”
Anfänglich nannte man dieses alkoholische Getränk auch Rumbowling oder Rumbullion. Vermutlich stammen die Begriffe aus der englischen und französischen Umgangssprache.
Die Geräusche der Heizkessel beim Destillieren bezeichnete man unter anderem mit den englischen Begriffen rumble (rumpeln) und boil (brodeln), sowie mit dem französischen Begriff bouillir (kochen). Einer weiteren Überlieferung zufolge könnte die Abkürzung des botanischen Namens des Zuckerrohrs, Saccharum officinarum, der Namensgeber sein.
Eine dritte Hypothese für den Begriff lautet: Im Jahr 1655 begann die Royal Navy eine tägliche Ration dieses Destillats an ihre Besatzungen zu verteilen. Bei dieser Verteilung auf dem Oberdeck kam es jedes Mal zu einer Rangelei (rumble).
In den nachfolgenden Jahren, zwischen 1731 und 1740, wurde die der Besatzung zustehende Menge Rum zuerst erhöht, dann reduziert und letztendlich dauerhaft mit Wasser verdünnt. Diesen Befehl erteilte der Admiral Vernon, dessen Spitzname “Old Grog” war, damit die Seeleute ihren Dienst nicht volltrunken verrichteten.
Die Mischung aus Rum und Wasser wird Grog genannt. Über Jahrhunderte wurde diese Praktik durchgeführt, fand aber am 31.7.1970 einen endgültigen Abschluss. Somit war die Verbindung zwischen Marine und Rum beendet. In die Geschichte der Seefahrt ging dieser Tag als “Black Tot Day” ein. Bei der Neuseeländischen Royal Navy hielt sich diese Rum-Tradition bis in das Jahr 1990.
“Lieber Rum trinken, als rumstehen.”
Rum ist ein alkoholisches Getränk, hergestellt durch alkoholische Gärung und der anschließenden Destillation des Zuckerrohr-Saftes oder der Melasse. Die grasartige Zuckerrohrpflanze war seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. in den ostasiatischen Gebieten als ein einzigartiger Zuckerlieferant beliebt. Über Handelsrouten gelangte das Zuckerrohr später auch in die arabischen Staaten. Die Kreuzritter waren es, die den Zucker nach Westeuropa brachten. Auf ihren Feldzügen eroberten die Kreuzritter Landteile und Gebiete, unter anderem auch die, auf denen das Zuckerrohr angebaut war.
“Ein kurzer Ausflug zu den Anfängen der Destillation ist relevant, denn nur so verstehen Sie die eindrucksvolle und ungestüme Geschichte des Rums.”
Laut archäologischen Erkenntnissen und Erforschungen ist es naheliegend, dass bereits altertümliche Völker Chinas und Indiens gegorene Getränke herstellten.
Der venezianische Händler und Reisende, Marco Polo, berichtet in seinen Notizen über seine Asienreise. In diesen Aufzeichnungen aus dem 13. Jahrhundert ist von einem sehr guten Wein zu lesen, der in der Gegend des heutigen Irans getrunken wurde. Die Araber hatten bereits Kenntnis von der Destillation, allerdings fand die erste Aufzeichnung über die Destillation von Zuckerrohrsaft im 15. Jahrhundert in England statt. Bevor man Pflanzen aus Amerika nutzte, verwendete man eine lange Zeit nur indische Pflanzen.
Europas Kolonialmächte errichteten Fabriken und Plantagen für die Zuckergewinnung. Auch sorgten sie dafür, dass sich der Anbau von Zuckerrohr bis auf die Karibischen Inseln ausbreitete. Anfang des 17. Jahrhunderts erkannte man dort eine Möglichkeit, ein Destillat aus vergorener Melasse herzustellen. Es erhielt den Namen “Rumbullion”.
Eine besondere Würdigung in der Geschichte der Destillation gilt der Insel Barbados. Dort gelang es, die Destillationstechnik zu verfeinern und dadurch ein stärkeres, reineres Getränk herzustellen. Entsprechende Dokumente aus dem Jahre 1651 beschreiben diese Neuerung wie folgt:
“Das schlimmste Gesöff auf der Insel ist der Rumbullion, auch Kill-Divil (Teufelstöter) genannt,
den sie aus destilliertem Zuckerrohr herstellen, ein höllisch starker, schrecklicher Sprit.”

DER RUM WAR GEBOREN
In der Entwicklung des Destillats gab es eine grundlegende Erneuerung, basierend auf den Errungenschaften des Missionars Pére Labat. Er ließ sich im späten 17. Jahrhundert einen Destillierapparat aus der Region Cognac (Frankreich) auf die Insel Marie-Galante schicken. Mit Kunst und Geschick wandelte er diesen Apparat für die Rum-Herstellung um.
ANSE LA CUVE COCKTAIL - REZEPT
- 3cl Pére Labat 59
- 1cl Mezcal Ilegal Joven
- 1cl Habanero-Zitronenverbene-Cordial
- 2cl Cocchi Rosa
Methode: Stir and strain (umrühren und abseihen)
Glas: Coupette
Garnitur: Zitronenzeste
Zubereitung: Die Zutaten in ein Mixglas geben und vorsichtig verrühren. Eiswürfel hinzugeben und erneut umrühren. In eine Coupette abseihen. Ein Stück Zitronenschale über dem Glas abreiben, um den Drink mit ätherischen Ölen zu aromatisieren.
“Mein größter Feind das ist der Rum, doch in der Bibel steht geschrieben, du sollst auch deine Feinde lieben.”
Durch eigene Destillier-Traditionen bei der Rumherstellung verbesserten und beeinflussten die jeweiligen Kolonialmächte sowohl die Qualität als auch den Geschmack des Rums. Bis heute sind einige dieser charakteristischen Stile erhalten geblieben.
Während man in den britischen Kolonien der Karibik und in Britisch-Guayana vorzugsweise mit klassischen Brennblasen und Verschnitt arbeitet, so setzt man in den spanischen Überseegebieten auf eine lange Reifung mit der Solera -Technik. Anders verläuft die Herstellung in den französischen Kolonien Martinique, Guadeloupe, Marie-Galante, Guyana und Haiti. In diesen Gebieten wird gegorener Zuckerrohrsaft anstelle von Melasse verwendet.
Die stetigen Verbesserungen und Verfeinerungen des Herstellungsprozesses bewirkten, dass Rum
mit der Zeit einen besseren Geschmack und geringeren Alkoholgehalt aufweisen konnte. Das führte auf dem Handelsmarkt zu wachsenden Erfolgen in Europa und Nordamerika. Es erübrigt sich, zu erwähnen, dass sich dementsprechend eine steigende Produktion entwickelte.
DER RUM UND DIVERSE PROBLEMATIKEN
Eingeschleppte Krankheiten aus Europa kosteten den Eingeborenen der Karibischen Inseln das Leben. Um die Produktion aufrecht zu erhalten, begann die Zeit des Sklavenhandels. Benötigte Arbeitskräfte für Plantagen und Zuckerfabriken wurden zu einer neuen Handels- und Geldquelle.
Die sonst so angenehme Welt des Rums wurde nun zum Spielfeld für skrupellose Kaufleute, deren Handel mit Waren, Lebensmittel und Menschen in rücksichtslose Ausbeutung ausartete.
Der erfolgreiche Rumhandel führte außerdem dazu, dass Schmuggler und Piraten die Segelschiffe angriffen und die Ladungen plünderten.
„Versteckt den Rum, schnell!“
Ende des 18. sowie im Laufe des 19. Jahrhunderts steigerte sich die Nachfrage des Rums aus den karibischen Kolonien, sowie aus Mittel- und Südamerika. Der angenehme Geschmack und die sehr gute Qualität brachten dem Rum seinen „guten Namen“ zurück.
Aber das Getränk litt nichtsdestotrotz unter den beiden Weltkriegen, der Prohibition und der kubanischen Revolution.
Hochwertiger Rum wird auch heute in den ehemaligen Kolonien Mauritius, Madagaskar und La Réunion hergestellt. Die Eroberung hielt selbst in Japan Einzug – dem Rum und seiner Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Anspruchsvolle Verbraucher kommen voll auf Ihre Kosten.
FLENSBURG MACHT ES VOR
Im 19. Jahrhundert war Flensburg die deutsche Rum-Hauptstadt. Von den ca. 300 Flensburger Brennereien und dem damit verbundenen Wirtschafts-Aufschwung ist allerdings heute nur noch die Ru(h)mreiche Geschichte übriggeblieben.
Der Pharisäer – Kaffee, Würfelzucker, brauner Rum und darauf das Sahnehäubchen, so tranken die Friesen ihn seit dem 19. Jahrhundert.
Im neuen Testament werden Pharisäer als Heuchler abgewertet. Wie aber kommt das Getränk zu diesem biblischen Namen?
Nun, der amtierende, besonders asketische Pastor Bleyer duldete keinen Alkoholkonsum, sodass sich die Inselbewohner eines Tricks bedienten: Das heiße Mischgetränk wurde “gekrönt” mit einer Sahnehaube, denn diese verhinderte das Verdunsten und somit den Geruch des Alkohols.
Der Pastor, dem natürlich alkoholfreier Kaffee serviert wurde, kam den Bewohnern auf die Schliche und schimpfend rief er ihnen zu: “Oh, ihr Pharisäer!”. Ein Nordfriesisches Nationalgetränk mit einer Namenstaufe, das verdient einen Platz im Geschichtsbuch.
“Aber nicht nur Kaffeespezialitäten bedienen sich dem karibischen Trunk. Eine schmackhafte Süßigkeit ist die Rumkugel. Knackige Schokolade vereint sich mit dem besten Rum-Aroma. Eine leckere Spezialität und nicht nur zu Weihnachten.”

EINE KURZE RUM-REISE
In früheren Zeiten unterschied man zwischen Rum-Typen französischen, englischen oder spanischen Stils, heute allerdings ist die Welt des Rums viel komplexer und faszinierender.
In der Rum-Welt begegnet man dem karibischen Rhum Agricole, Rum aus exotischen Gebieten und vom amerikanischen Kontinent. Viele Rum-Marken werden in staatlichen Destillerien mit geprüftem Qualitätssiegel hergestellt.
Als Napoleon Bonaparte im 19. Jahrhundert den Zuckerrübenanbau in Europa beeinflusste, um Frankreich eine angemessene Zuckerversorgung zu gewährleisten, verminderte sich der Zuckerrohranbau in der Karibik. Dadurch stand den Destillerien zusehends weniger Melasse für die Rum-Produktion zur Verfügung. Das führte dazu, dass die Rum-Hersteller der Zeit frisch gepressten Zuckerrohrsaft verwendeten. Als Ergebnis entstand der Rhum Agricole. Die Produktionsmethoden besserten sich im Laufe der Zeit, der Rohstoff blieb aber der gleiche.
Für die Verwendung des Begriffs Rhum Agricole ist auf dem Etikett eine Ursprungsbezeichnung vorgeschrieben.
Der aus Amerika stammende Rum hat je nach Herkunft spezielle Merkmale. Seit dem 18. Jahrhundert wird auf der Insel Barbados sowohl mit Destilliersäulen als auch mit Brennblasen destilliert. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts trägt der Rum von den Bermudas den Stempel der Familie Gosling. Bekanntheit erlangte der Gosling Rum durch die Marke “Black Seal”.
In Kolumbien wird der Rum nach der Solera-Methode hergestellt, mit einer zwölf-jährigen Reifung.
Diese Methode wird auch von der einzigen Destillerie El Salvadors für ihren Rum aus Melasse angewendet.
“Rum around the Caribbean Isles…”
In Costa Rica setzt man auf eine lange Reifung von mehr als zehn Jahren. Die kubanischen Hersteller nutzen die Kunst des Ron-ligero und in Guatemala vollzieht sich eine Reifung in großen Höhen, die zur Herstellung von mittelkräftigem Rum besonders geeignet sind.
In Guyana ist das Ausgangsmaterial eine aus Demerara-Zuckerrohr gewonnene Melasse.
Haiti, einer der größten Zucker- und Rumproduzenten der Karibik, besitzt heute mehr als 500 heimische Destillerien und Schwarzbrennereien, die Rum nur in kleinen Mengen herstellen.
Jamaika orientiert sich an dem offiziellen Klassifizierungssystem und produziert Overproof-Destillate. Das heißt, Rum mit hohem Alkoholgehalt. Die Besonderheit sind die speziellen Gär- und Destillationstechniken.
“Rum vom südamerikanischem Kontinent erfreut sich zunehmend an großer Beliebtheit.”
Antike Wurzeln hat die Rum-Produktion in Mexiko, wo auch heute mit moderner Technik produziert wird. Mehr Nachfrage und Interesse hat sich außerdem für den Rum aus Nicaragua entwickelt. Der Rum, der aus verschiedenen Jahrgängen verschnitten wird, erfreut sich großer Beliebtheit. Panama ist spezialisiert auf ausgezeichnete fassgereifte Produkte, während in Peru auf ein antikes Rezept und auf die Solera-Methode gesetzt wird.
Puerto-ricanischer Rum unterliegt einer Produktspezifikation und man legt besonderes Augenmerk
auf den Stil, das Ausgangsmaterial und die Einhaltung der Richtlinien.
In der Dominikanischen Republik hat der Rum eine lange Reifezeit. Es entsteht eine extravagante, eigene Identität, die ihm die Maestros Roneros durch die besondere Reifung und die speziellen Fässer verleiht.
Sehr exotisch und äußerst interessant ist der Rum aus dem Land der aufgehenden Sonne. Das subtropische Klima ist für den Anbau von Zuckerrohr sehr günstig und vorteilhaft. Japanischer Rum spiegelt die Perfektion des japanischen Handwerks wider.
Besonders hervorzuheben sind die langen gereiften Rum-Abfüllungen aus La Réunion. Rumdestillate werden in alten und neuen Fässern gelagert und unterschiedliche Alter werden zusammen verblendet.
Die kleine Insel befindet sich im indischen Ozean und wird in Deutschland auch „Insel der Wiedervereinigung“ genannt.
Madagaskar präsentiert seinen Rum mit den charakteristischen Vanille-Aromen der Insel, während der Rum aus Mauritius, der aus reinem Zuckerrohrsaft hergestellt wird, über einen ganz eigenen Stil verfügt.
NORDDEUTSCHER TRINKGENUSS
Fragen Sie die Nord- und Ostfriesen nach Eiergrog, strahlen die friesischen Herzen. Eiergrog ist so vielseitig und beliebt wie auch seine vielfältigen Rezepte. Man könnte meinen, jede Familie hat ihr eigenes kreiert. Hier ein Beispiel:
- 12cl brauner Rum (Blended)
- 1 Eigelb
- 1EL Zucker
- Heiße Milch
Zubereitung:
Man nehme Eigelb und Zucker, vermische es mit gleichmäßigem Rühren in einem Punschglas. Der Rum-Verschnitt wird langsam in das Glas gegossen und es wird weiter gerührt. Füllen Sie das Ganze mit heißer Milch auf (keine kochende Milch, da das Eigelb sonst gerinnt).
Verwandt ist der Eiergrog mit dem Eierlikör, der als typisches Damengetränk galt.
Aber dann kam Udo Lindenberg und mit ihm seine Sympathie für Eierlikör. Seitdem trauen sich auch “harte Kerle”, ihn zu trinken.