NOLO-Drinks (Nolo's): alkoholfreie Spirituosen Alternativen
Stand Januar 2022 hießen 35% der deutschen Bevölkerung die Entwicklung der alkoholfreien Alternativen herzlich willkommen. Die Entwicklungslinie ist anhaltend steigend. Wird es bei einem Trend bleiben?
Wir nehmen Sie jetzt mit auf eine kleine 0,0% Rundreise.

0,0% Spirits - Alkoholfreie Spirituosen
Peinliche Konversationen, ein früher Arbeitsbeginn, körperliches Wohlbefinden, der Kater am nächsten Morgen: Gründe, um auf Alkohol zu verzichten, gibt es mehr als genug. Gleichzeitig will man es sich nicht völlig nehmen lassen, in einer geselligen Runde zusammenzusitzen und leckere Getränke zu genießen.
Muss man aber auch gar nicht: Sogenannte NOLO-Drinks (“no and low alcoholics”) liegen schon länger im Trend und werden, gerade bei jüngeren Zielgruppen, inzwischen häufiger bevorzugt.
Dass man zu alkoholfreien Alternativen greifen kann, war dabei nicht immer selbstverständlich. In kaum einer Epoche wurde man nicht schief angeschaut, wenn man zu Wasser statt zu Bier oder Wein griff. Egal, ob bei Seemännern und ihrem Rum, bei mittelalterlichen Rittern und ihrem Bier, bei Damen am Hofe und ihrem Wein: An alkoholfreie Spirituosen war noch überhaupt nicht zu denken. Denn genau die berauschende Wirkung war es ja, welche die Getränke so beliebt und verführerisch machte.
“Die Kunst des Trinkens besteht nicht darin, möglichst viel Alkohol zu sich zu nehmen, sondern darin, die richtigen alkoholfreien Getränke auszuwählen.” – David A. Embury
Selbst heute ist es gesellschaftlich immer noch verankert, den Griff zum alkoholfreien Drink zu rechtfertigen – genau wie das Phänomen, aus “Gruppenzwang” mitzutrinken, um eben dieser Rechtfertigung zu entgehen. Neben ermüdenden Diskussionen kommen weitere Gründe wie FOMO (“fear of missing out” – also die Angst, etwas zu verpassen) oder die Annahme dazu, die Spirituose könne ohne diesen Alkoholgehalt nicht genauso gut schmecken. Ein Irrglaube: Inzwischen werden sogar bewusst alkoholfreie Varianten produziert, die den Geschmack ihrer berauschenden Artgenossen nachahmen. Erkennbar ist dies teilweise am Etikett: Dort finden sich Begriffe wie “Ginish” oder “Rumish” – zu Deutsch übersetzbar mit “Gin-artig” oder “Rum-artig”.
Der Trend ist also ganz klar – und soll in den nächsten Jahren noch wachsen. Der Analysefirma Fior Markets zufolge wird die Branche der alkoholfreien Ersatzgetränke von einer Billion Dollar bis zum Jahr 2028 auf knapp 1,7 Billionen Dollar steigen.

No Gin Tonic
Wir haben einige Beispiele für Sie
- Der Pentire Adrift von der Nordküste Cornwalls, bestehend aus Salbei, Meerfenchel, Queller, Meersalz und Zitrus
- Der Undine No. 2 – Juniper Type aus Hamburg – Achtung: Dieser enthält immer noch 0,3 Prozent Alkohol, denn auch ein Alkoholgehalt unter 0,5 Prozent berechtigt Spirituosen-Hersteller dazu, Getränke als alkoholfrei zu kennzeichnen!
- Der Sünner Botanicals aus Köln, verfeinert durch Früchte wie Pfirsich, Aprikose, Orange und Grapefruit und ergänzt durch die scharfe Note von Chili
- Der Siegfried Wonderleaf von der Bonner Destillerie Siegfried besteht aus ganzen 18 Botanicals – beispielswiese Kardamom, Zimt und Orangenschale
- Der Sea Arch Coastal Juniper von der Devon Coast, welcher seinen Namen Meereszutaten wie Meerfenchel und Algen verdankt
No Gin & Tonic Mocktail - REZEPT
- 6cl Gin Alternative
- Indian Tonic Water
- Frische Zitronen- oder Gurkenscheibe
- Eiswürfel
Alkoholfreier Whiskey: Ein Paradoxon
Etwas anders verhält es sich bei Whiskey. Genaugenommen gibt es keinen alkoholfreien Whiskey, sondern lediglich Drinks, die den Geschmack von Whiskey sehr gut nachahmen und keinen oder wenig Alkohol enthalten. „Alkoholfreie Whiskey-Alternative“ ist deshalb der geeignetere Begriff.
“Ein guter Drink muss nicht immer Alkohol enthalten. Es gibt viele großartige alkoholfreie Optionen, die genauso lecker und erfrischend sein können.” – Yotam Ottolenghi
Warum ist das so? Zum einen gibt es gesetzliche Vorgaben: In den meisten Ländern muss Whiskey einen Mindestalkoholgehalt vorweisen können – in Deutschland beispielsweise 40 Prozent. Zum anderen ist es bei Whiskey schwieriger, den Geschmack nachzuahmen als bei Gin, denn das Aroma dieser Spirituose wird vor allem durch die Reifung im Holzfass erzeugt. Diese Reifung durch andere Prozesse oder Zutaten nachzuahmen, war jahrelang unmöglich, doch inzwischen haben sich einige Experten auf diesem Gebiet entwickelt. Dazu gehören beispielsweise Produzenten wie Ginsta, Easip oder Lyre´s: Zusammen mit Bartendern und Fachkundigen im Spirituosen-Bereich konnten sie mittlerweile Whiskey-Alternativen kreieren, die dem Original geschmacklich sehr nahekommen. Dafür sind teils sehr aufwändige Destillationsprozesse verantwortlich. Die dadurch gewonnenen Extrakte schaffen es, den holzigen Eigengeschmack der Spirituose erfolgreich nachzuahmen.
Drei bekannte NOLO-Whiskeys wollen wir Ihnen hier aufführen
- Der Easip Woods: Ein aromatischer, holzig-weicher Whiskey, geprägt durch aromatisches Zimt und hervorragend geeignet für alkoholfreie Cocktails. Wird auch als der Single Malt der NOLO-Whiskeys bezeichnet
- Der Lyre´s American Malt: Ein Geschmackserlebnis nach Bourbonart und ebenfalls für nichtalkoholische Cocktails geeignet. Empfohlen wird dieser Drink vom Hersteller vor allem für die Klassiker Manhattan oder Boulevardier.
- Der Whissin: Ein nach schottischem Original schmeckender Whiskey, auffallend durch eine eher untypische Süße mit Vanille-Aroma. Wer zu diesem bekannten Ersatz greift, sollte außerdem kein Problem mit Zucker haben: 0,1 Liter dieses Getränks enthalten etwa 16,7 Gramm.
Whiskey-Alternativen eignen sich also vor allem für Cocktails – wie etwa den Whiskey Sour: Ein alkoholfreier Lyre´s American Malt harmoniert perfekt mit saurem Zitronensaft und süßen Zuckersirup.
Auch alkoholfreie Boulevardiers oder Manhattans sind im Mix mit anderen Zutaten so möglich. In jedem Fall gilt: Den alkoholfreien Whiskey am besten kühlstellen, um den vollen Genuss zu erleben. Und natürlich spricht dabei nichts gegen ein klassisches Whiskey-Glas.

Und ´ne Buddel voll… NOLO-Rum?
Rum ohne Alkohol – für echte Freibeuter und Piraten wahrlich unvorstellbar. Dabei hätte ein geringerer Alkoholpegel der Crew vermutlich gutgetan und vielleicht für ein paar weniger Unfälle an Bord gesorgt.
Wie auch beim Whiskey gilt allerdings: Alkoholfreien Rum an sich gibt es nicht, denn ein echter Rum ist laut der meisten Gesetze ein alkoholhaltiger Drink.
Die alkoholfreien Alternativen haben auch hier im Laufe der Jahre eigene Bezeichnungen wie etwa “Not Rum” oder “Sugar Cane” erhalten und können durch verschiedene Herstellungsarten entstehen – eine davon stellt eine alkoholfreie Destillation dar. Hier wird der Rum-artige Spirit mit Gewürzen versetzt, die man auch vom originalen Rum kennt – wie beispielsweise Vanille oder Zimt. Will man einen sogenannten Rhum Agricole nachahmen, der sich durch einen fruchtigen Geschmack auszeichnet und von den französischen Antillen stammt, greift man beispielsweise auf exotische Botanicals wie Kokosnuss, Limette oder Ananas zurück.
“Alkoholfreie Getränke sind eine großartige Möglichkeit, um sicherzustellen, dass jeder Gast auf einer Party oder einem Event etwas Leckeres zu trinken hat, unabhängig von ihren Vorlieben oder Einschränkungen.” – Ina Garten
Zur Rum-Herstellung gehört für gewöhnlich die Reifung in Eichenfässern – bei den alkoholfreien Varianten fällt diese jedoch weg. Dafür werden Eichen-Essenzen oder Holz-Mazerate genutzt, sodass auf eine jahrelange Lagerung verzichtet werden kann und die
geschmacklichen Nuancen des Holzes trotzdem durchscheinen können.
Einige NOLO-Rum-Hersteller nutzen auch Zuckerrohrmelasse als Basis für die Drinks, was allerdings zu den kompliziertesten Herstellungsarten zählt. Denn einer nicht destillierten Melasse die gewünschten Aromen zu entlocken, ist deutlich schwerer als bei einer destillierten Melasse. Die Mühe zahlt sich allerdings aus, denn sie kann in intensiven, karibischen Aromen und einer natürlichen Süße enden.
Wollen Sie einen alkoholfreien Rum (am besten auf Eis!) Zuhause genießen, haben wir hier zwei Ideen für Sie
- Virgin Cuba Libre: 6cl alkoholfreier Rum, der Saft einer halben Limette und Cola on top
- Dark & Stormy-Highballs: 6cl alkoholfreier Rum, der Saft einer halben Limette und kaltes Ginger-Beer
- Lyre´s Spiced Cane (weniger als 0,5 Prozent)
- ISH Rum alkoholfrei (weniger als 0,5 Prozent)
- Siegfried Wonderoak veganer alkoholfreier Rum
- Vassa Zero Rum
- Laori Spice No 2 (vegan und zuckerfrei)
- Undone No 1 (weniger als 0,3 Prozent)
Mocktails: Auch ohne Alkohol ein Genuss
Auch für alkoholfreie Cocktails haben sich im Laufe der Jahre eigene Bezeichnungen entwickelt. Früher kannte man die NOLO-Cocktails unter Namen wie “Virgin Sex on the Beach” oder “Virgin Pina Colada”. Heute ist vor allem der Begriff “Mocktail” gängig – nicht ganz so galant, wenn man bedenkt, dass das englische Verb “to mock” übersetzt nichts anderes als “verhöhnen” bedeutet. Dabei gibt es zum Verhöhnen oder für Scham keinen Grund, denn lecker schmecken können die Drinks allemal. Zu bekannten Mocktails zählen beispielsweise die Klassiker Melon Margarita, Sherley Temple oder Blood Orange Mojito.
“Das Geheimnis eines guten alkoholfreien Cocktails ist, dass er nicht wie ein alkoholfreier Cocktail schmeckt.”
Wollen Sie sich einen alkoholfreien Cocktail daheim mixen, der genauso lecker aussieht und schmeckt wie die alkoholhaltigen Varianten, haben wir drei ausgewählte Rezepte für Sie:
Crodino Ginger Ale Mocktail - REZEPT
- 10cl Ginger Ale
- Eine Flasche Crodino
- Orangenzeste
- Eiswürfel
Cranberry Fizz Mocktail - REZEPT
- 10cl Ginger Ale
- 4cl Cranberrysaft
- 4cl Apfelsaft
- 1/2 Zitrone
- Drei Barlöffel Zucker
- Ein Barlöffel Zimt
- Eiswürfel
Starbucks Pink Drink Mocktail - REZEPT
- 3cl Orangensaft
- 3cl Kokosnussmilch
- Hibiskus-Tee
- Honig oder Agavendicksaft
- Vier reife, geschnittene Erdbeeren
- Eiswürfel
NOLO-Getränke: Die Qualität rechtfertigt den Preis
Wer sich übrigens fragt, warum die nullprozentigen Alternativen von Spirituosen preislich etwa auf demselben Niveau liegen wie ihre alkoholhaltigen Artgenossen, bekommt eine simple Antwort: Weil sie es wert sind. Für viele Hersteller bedeuten die NOLO-Getränke nämlich einen zusätzlichen Aufwand. Oft muss erst das alkoholische Getränk produziert werden, ehe nachfolgend der Alkohol entzogen wird – die zusätzlichen Schritte sind aber nicht die einzige Begründung. Besonders bei den Ersatzgetränken muss auf beste Zutaten und Kreativität geachtet werden, für die es sich in die Tasche zu greifen lohnt.
Alkoholfreie Getränke lassen sich übrigens in drei Kategorien einteilen. Die Erste haben wir zu Beginn bereits angesprochen: Sogenannte “Fake”-Getränke, die genauso schmecken sollen wie die alkoholenthaltende Variante. Kategorie Zwei hingegen rückt nicht den berauschenden Effekt in den Fokus, sondern die Gesundheit und den Geschmack. Beispiele hierfür stellen etwa der Aperitif Ghia oder der daraus entstehende Cocktail Flower Power dar. Zutaten wie Rosmarin, Holunder oder Ingwer sind bei dieser Kategorie keine Seltenheit, denn sie sollen gut für Körper und Geist sein. Während Kategorie Eins sich eher an Leute richtet, die vom Trinken nichts mehr wissen und nur den Geschmack früherer Getränke wieder genießen wollen, gehören zur Zielgruppe der zweiten Kategorie eher jüngere Leute, die schon vorher nie Alkohol getrunken haben.
“Ein gutes alkoholfreies Getränk sollte in der Lage sein, einen Abend genauso zu retten wie ein alkoholisches Getränk.”
Eine hilfreiche Wirkung im Alltag verspricht sich dagegen die Zielgruppe der dritten Kategorie: Hier sollen die gewählten Getränke nicht nur der Gesundheit zuträglich sein, sondern auch für eine bessere Leistungsfähigkeit und ein Wohlbefinden allgemein sorgen. Aminosäuren und Kräuter als vorrangige Zutaten sollen so beispielsweise der Verdauung helfen oder für eine bessere Konzentration und einen besseren Schlaf sorgen. Vor allem drei große Hersteller sind in diesem Bereich bereits bekannt: Three Spirit, Bonbuz und Rasāsvāda.
Zwei Drittel der aus 18- bis 24-Jährigen bestehenden Zielgruppe greifen für diese erhofften Wirkungen daher lieber zu Cannabis statt zu Alkohol, sagt die Analysefirma New Frontier Data. Mittlerweile werden bereits Vermutungen angestellt, dass in den amerikanischen Staaten bald auch Magic Mushrooms – deren Wirkstoff Psilocybin eine bewusstseinserweiternde Wirkung hat – als Genussmittel legalisiert werden könnte. Dann könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis diese dritte Kategorie an NOLO-Getränken um eine weitere Zutat erweitert wird. Immerhin wäre es nicht das erste Mal: Auch Marihuana gibt es längst in Form von Gummibärchen oder Brownies.
“Alkoholfreie Getränke sind nicht nur für Kinder und Abstinenzler. Es ist möglich, eine Welt voller Geschmack und Genuss zu entdecken, ohne dass Alkohol im Spiel ist.” – Laura Silverman